Wachstumschancengesetz

Relevant für alle Steuerpflichtigen

Am 27.3.2024 ist das sog. Wachstumschancengesetz endlich in Kraft getreten. Das Gesetz beruht auf dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses und enthält daher wesentliche Änderungen gegenüber den vorherigen Gesetzesentwürfen.

Da das im vergangenen Jahr vom Bundestag beschlossene Wachstumschancengesetz („Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“) keine Zustimmung im Bundesrat fand, wurde das Gesetz durch den Vermittlungsausschuss in wesentlichen Punkten geändert. Nach der Zustimmung des Bundesrats wurde das Gesetz am 27.3.2024 endlich verkündet und ist damit in Kraft getreten. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten Neuregelungen sowie über wesentliche im Vermittlungsverfahren gestrichene Maßnahmen:

1. Einkommensteuer/Körperschaftsteuer

  • Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, durften bislang nur als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie 35 € pro Wirtschaftsjahr und Empfänger nicht überstiegen. Dieser Betrag wird für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, auf 50 € angehoben.
  • Für nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 erworbene bewegliche Gegenstände des Anlagevermögens wird die Möglichkeit der degressiven Abschreibung wieder eingeführt. Diese beträgt das Zweifache der linearen Abschreibung, maximal 20% pro Jahr. Ursprünglich war das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung, maximal 25% pro Jahr, für nach dem 30.9.2023 erworbene Gegenstände vorgesehen.
  • Für Wohngebäude mit Baubeginn nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 wird ein Wahlrecht zur degressiven Abschreibung in Höhe von 5 % des Restwertes eingeführt. Die lineare
    Abschreibung beträgt 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und führt damit in den ersten Jahren zu deutlich geringeren Abschreibungen. Ursprünglich war eine degressive Abschreibung
    von 6 % geplant.
  • Bei der Sonderabschreibung nach § 7g EStG für abnutzbare bewegliche Anlagegüter in Betrieben mit einem Vorjahresgewinn von bis zu 200.000 € wurde der maximale Abschreibungsbetrag ab dem Jahr 2024 von bislang 20 % auf 40 % der Investitionskosten angehoben. Ursprünglich war eine Anhebung auf 50 % geplant.
  • Die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau wird erweitert. Die Baukostenobergrenze wird von 4.800 €/qm auf 5.200 €/qm und die maximale Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung von 2.500 €/qm auf 4.000 €/qm erhöht.
  • Vorgetragene Verluste konnten bisher, soweit sie den unbeschränkt abziehbaren Sockelbetrag von 1 Mio. € (bei Ehegatten 2 Mio. €) überstiegen, nur bis zur Höhe von 60 % des verbleibenden Einkommens abgezogen werden (sog. Mindestgewinnbesteuerung). Für die Jahre 2024 bis 2027 erfolgt eine Erhöhung auf 70 %. Ursprünglich war eine Anhebung auf 80 % vorgesehen.
  • Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben ab dem Jahr 2024 steuerfrei, wenn der im Jahr erzielte Gesamtgewinn höchstens 1.000 € (bislang 600 €) beträgt.
  • Die optionale Thesaurierungsbesteuerung für Gesellschafter von Personengesellschaften wird für Gewinne ab dem Jahr 2024 reformiert. Der begünstigungsfähige Gewinn wurde u. a. um die gezahlte Gewerbesteuer und um die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer auf den Gewinn entnommen werden, erhöht.
  • Die Option zur Körperschaftsbesteuerung wird für Personengesellschaften attraktiver. Seit dem 28.3.2024 können alle Personengesellschaften und nicht nur Personenhandels- bzw. Partnerschaftsgesellschaften zur Körperschaftsteuer optieren.
2. Lohnsteuer

Bei privater Nutzung von rein elektrisch betriebenen Firmenwagen ist bei der 1 %-Regelung nur ein Viertel des Bruttolistenpreises und bei der Fahrtenbuchmethode nur ein Viertel der Anschaffungskosten des Fahrzeugs anzusetzen. Dies galt bisher allerdings nur, wenn der Bruttolistenpreis nicht mehr als 60.000 € betrug. Der Höchstbetrag wurde für ab dem Jahr 2024 angeschaffte Fahrzeuge auf 70.000 € angehoben. Ursprünglich war eine Anhebung auf 80.000 € geplant.

3. Gewerbesteuer

Bei der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen wurde bereits ab dem Jahr 2023 die Unschädlichkeitsgrenze für Stromlieferungen aus Solaranlagen und dem Betrieb von Ladesäulen von 10 % auf 20 % erhöht.

4. Umsatzsteuer

  • Die Übertragung von Emissionszertifikaten fällt ab dem 1.4.2024 unter die Vereinfachungsregelung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (sog. Reverse-Charge-Verfahren).
  • Ab dem 1.1.2025 wird eine verpflichtende Verwendung von elektronischen Rechnungen für steuerpflichtige inländische Umsätze zwischen inländischen Unternehmern eingeführt. Es gibt jedoch Übergangsregelungen. So dürfen bis Ende 2026 alle Unternehmen und im Jahr 2027 Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz bis zu 800.000 € noch Papier- oder PDF-Rechnungen stellen. Ab dem 1.1.2028 wird eine E-Rechnungsstellung nach der CEN-Norm 16931 generell verpflichtend. Bis dahin sind auch andere elektronische Rechnungen zulässig, wenn eine Übermittlung im elektronischen Datenaustausch erfolgt.
  • Der Schwellenwert zur Befreiung von der Abgabe vierteljährlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen wird ab dem Jahr 2025 von 1.000 € auf 2.000 € erhöht. Ursprünglich war die Änderung bereits für 2024 geplant.
  • Kleinunternehmer sind ab dem Jahr 2024 im Regelfall von der Übermittlung von Umsatzsteuerjahreserklärungen befreit.
  • Die Jahresumsatzgrenze für die Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten wird ab dem Jahr 2024 von 600.000 € auf 800.000 € angehoben.
5. Abgabenordnung

  • Die Grenzen für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger werden ab dem Jahr 2024 bezüglich der Umsatzerlöse von 600.000 € auf 800.000 € und bezüglich des Jahresüberschusses von 60.000 € auf 80.000 € angehoben.
  • Bei Überschusseinkünften wird die Einkunftsgrenze für die sechsjährige Aufbewahrungspflicht von Unterlagen von 500.000 € auf 750.000 € angehoben.
  • Für von der Vollziehung ausgesetzte Haftungsansprüche werden ab dem 1.1.2024 Aussetzungszinsen eingeführt.
6. Weitere Änderungen

  • Im Handelsgesetzbuch werden die Schwellenwerte, ab denen eine Jahresabschlusserstellung erforderlich ist, ebenfalls von 600.000 € auf 800.000 € (Umsatzerlöse) bzw. von 60.000 € auf 80.000 € (Jahresüberschuss) erhöht.
  • Die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Form der sog. Forschungszulage wird gestärkt. Neben Arbeitslöhnen für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten werden ab dem 28.3.2024 auch die in begünstigten Forschungsund Entwicklungsvorhaben genutzten abnutzbaren beweglichen Anlagegüter, die für deren Durchführung unerlässlich sind, begünstigt. Die begünstigten Aufwendungen werden künftig auf 10 Mio. € (bisher 4 Mio. €) begrenzt. Vor dem Vermittlungsverfahren war eine Erhöhung auf 12 Mio. € geplant. Kleine und mittlere Unternehmen können künftig eine Forschungszulage in Höhe von 35 % (statt 25 %) der begünstigten Aufwendungen erhalten.
7. Im Vermittlungsverfahren gestrichene Maßnahmen

  • Die geplante Prämie für Investitionen in den Klimaschutz wurde nicht umgesetzt.
  • Die Anzeigepflicht für Steuergestaltungen, die bisher nur für grenzüberschreitende Steuergestaltungen besteht, wurde nicht wie geplant auf nationale Steuergestaltungen ausgeweitet.
  • Die geplante Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.000 € wurde gestrichen.
  • Die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter sollte von 800 € auf 1.000 € angehoben werden. Für den alternativ möglichen Sammelposten sollte die Wertobergrenze der Anschaffungskosten von 1.000 € auf 5.000 € angehoben und die Auflösungsdauer von fünf Jahren auf drei Jahre verkürzt werden. Beide Maßnahmen wurden nicht umgesetzt.
  • Der Verlustrücktrag wurde nicht von zwei auf drei Jahre verlängert und der Höchstbetrag von 1 Mio. € nicht auf 10 Mio. € angehoben.
  • Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen wurden nicht erhöht.
  • Die Freigrenze für die Besteuerung geldwerter Vorteile aufgrund von Betriebsveranstaltungen wurde nicht auf 150 € angehoben, sondern beträgt weiterhin 110 € je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer.
  • Die Erhöhung der Prozentgrenze bei der sog. Mindestgewinnbesteuerung für die Jahre 2024 bis 2027 wurde auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer beschränkt und gilt nicht für gewerbesteuerliche Verlustvorträge.

Fazit: Ein echter Wachstumsschub ist durch das abgespeckte Wachstumschancengesetz nicht zu erwarten. Die geplante Investitionsprämie wurde vollständig gestrichen. Jedoch profitieren insb. Immobilieninvestoren von den verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten.

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